Das Abschmelzen der Gletscher in den Alpen wird immer schlimmer: "Die Hälfte ist schon weg"

Das Abschmelzen der Gletscher in den Alpen wird immer schlimmer: „Die Hälfte ist schon weg“

Gletscherforscher schlagen Alarm: Das Abschmelzen der Gletscher in den Alpen wird immer schlimmer: „Die Hälfte der Fläche ist bereits verschwunden“

Gletscher auf der ganzen Welt schmelzen und in den Alpen können sie sogar vollständig verschwinden. Was sind die Konsequenzen? Und kann der Verfall des „ewigen Eises“ noch gestoppt werden? FOCUS Online sprach darüber mit der Gletscherforscherin Andrea Fischer.

FOCUS Online: Sie haben Ihr neues Buch über Alpengletscher, das Sie gemeinsam mit dem Fotografen Bernd Ritschel mit dem Untertitel „A Hommage“ geschrieben haben. Was fasziniert Sie an Gletschern?

Andrea Fischer: Einerseits ihre ständige Veränderung. Wenn Sie Gletscher beobachten, können Sie sehen, dass sie von Minute zu Minute unterschiedlich aussehen. Sie können auch deutlich eine jährliche Entwicklung sehen, ganz zu schweigen von Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Dies ist im menschlichen Maßstab leicht zu verfolgen, im Gegensatz zu anderen Hochgebirgsveränderungen wie Erosion, die normalerweise nur im Laufe der Zeit sichtbar sind.

Andererseits ist die Weite in großer Höhe ein besonderes Erlebnis, die Formen dort und das Licht. Es sind hauptsächlich diese beiden Aspekte, die Gletscher für mich so faszinierend machen.

Welche besondere Bedeutung haben Gletscher für die Natur, aber auch für uns Menschen?

Fischer: Ich würde sie nicht trennen, schließlich sind Menschen Teil des Ökosystems der Erde. Gletscher sind zweifellos als Wasserreservoirs sehr wichtig. Sie speichern über lange Zeiträume große Mengen Wasser, das aus den Ozeanen verdunstet und als Schnee über hohe Berge oder kalte Regionen der Erde fällt.

Es gibt auch Lebensformen, die sich an das Gletschereis angepasst haben und dort ihre ökologische Nische gefunden haben, wie bestimmte Pflanzen oder Gletscherflöhe. Abgesehen davon sind Gletscher für uns nur ein Teil eines Hochgebirges. Seit Alexander von Humboldt konnten oder wollten wir sie nicht anders präsentieren.

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„Alpengletscher: Eine Hommage“ von Andrea Fischer und Bernd Ritschel.

Und wie beeinflussen sich Gletscher und Klima gegenseitig?

Fischer: Aufgrund der gegenwärtigen globalen Erwärmung verschwinden die Gletscher weltweit und der Meeresspiegel steigt an. Das schmelzende Eis in den arktischen und antarktischen Gewässern ist hauptsächlich dafür verantwortlich. Das kalte Gletscherwasser verändert dann die Meeresströmungen, die unter anderem das Klima beeinflussen in Europa Einfluss ausüben und lebenswerter machen. Und wenn die Eisflächen kleiner werden, wird weniger Licht von ihrer hellen Oberfläche reflektiert. Eine dunklere Oberfläche absorbiert mehr Sonnenenergie, was zu einer noch stärkeren Erwärmung führt.

Warum sind Gletscher als Symbole für den vom Menschen verursachten Klimawandel so beliebt?

Fischer: Tatsächlich sind Gletscher im Laufe der Jahrzehnte zu Ikonen des Klimawandels geworden. In diesem Zusammenhang ist der Geograf Friedrich Simony zu erwähnen, der bereits im 19. Jahrhundert die Veränderungen der Alpengletscher diskutierte und auf fotografischen Expeditionen dokumentierte. Ein Vergleich späterer Aufnahmen mit Bildern aus dieser Zeit zeigt unbestreitbar, dass sich etwas enorm verändert hat. Der beste Ort, um den Klimawandel zu beobachten, sind die Gletscher – mit bloßem Auge.

Ist das „ewige Eis“ im Alpenraum besonders von der globalen Erwärmung betroffen?

Fischer: Zumindest sind sie es Temperaturen hier mehr zugenommen als in der Umgebung. Vor allem die relativ niedrigen östlichen Alpengletscher sind großflächig geschmolzen; Sie sind besonders klimasensitiv. In einigen Gebieten kann man von der Eiszeit sprechen. Das Erscheinungsbild hat sich vor allem in den letzten zehn Jahren spürbar verändert. Wir erleben in den Ostalpen eine neue Phase des Gletscherverhaltens, die wir bisher noch nicht gesehen haben.

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Inwieweit sind die Alpengletscher im Allgemeinen geschrumpft?

Fischer: Bis jetzt haben sie ungefähr die Hälfte ihrer Oberfläche verloren. Und sie verschwinden immer schneller. Zwischen 1970 und 2000 verloren sie jedes Jahr durchschnittlich einen halben Meter an Dicke. Seitdem betrug der durchschnittliche jährliche Dickenverlust einen Meter und in besonders heißen Jahren wie 2017 und 2018 sogar zwei Meter.

Wird es in den Alpen jemals keine Gletscher mehr geben?

Fischer: Das hängt davon ab, wie sich die klimatischen Bedingungen entwickeln. Bei der Prognose gibt es natürlich auch Unsicherheiten, zum Beispiel hinsichtlich der Emission von Treibhausgasen. Ob es zum Beispiel große Vulkanausbrüche gibt. Aber selbst wenn die Bedingungen unverändert bleiben, wird dies ausreichen, um die Gletscher in den Ostalpen bis zum Ende des Jahrhunderts weitgehend verschwinden zu lassen. In den Westalpen sieht es noch besser aus. Aber selbst dort, mit zunehmender Erwärmung, kann es irgendwann zu keinen Gletschern mehr kommen.

Welche Konsequenzen hätte ein solches Verschwinden?

Fischer: Am Anfang wird es Instabilitäten im Untergrund geben. Die Folge davon können Schlammlawinen oder Erdrutsche sein. Dies sollte sich jedoch innerhalb weniger Jahrzehnte verbessern, da die Vegetation frühere Gletscher ersetzt und den Untergrund stabilisiert. Was das Trinkwasser betrifft, haben wir im Alpenraum das Glück, dass es genug regnet. Sie sind ausreichend, so dass es in den Alpen keinen Mangel an Gletschern geben wird – ganz anders als in trockenen Regionen. In Teilen des Himalaya beispielsweise ist die Bevölkerung dringend auf die Gletscher für Trinkwasser angewiesen.

Ist der endgültige Zusammenbruch im Alpenraum doch nicht aufzuhalten?

Fischer: In den Ostalpen tritt dies jedenfalls nicht mehr auf. Selbst wenn die Treibhausgasemissionen sofort drastisch reduziert werden könnten, würde es mehrere Jahrzehnte dauern, bis sich dies auf die Atmosphäre auswirkt. Aber die gute Nachricht ist, dass wir immer noch etwas für andere hohe Berge auf der Erde tun können, die noch nicht so stark vom Klimawandel betroffen sind. Darüber hinaus bleibt die Hoffnung, dass die Alpengletscher eines Tages nach ihrem Verschwinden zurückkehren. Immerhin wäre das nicht das erste Mal in der Geschichte.

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