Vize-Chef Karl von Rohr: "Deutsche Bank ist über dem Berg"

Vize-Chef Karl von Rohr: „Deutsche Bank ist über dem Berg“

K.arl von Rohr fällt auf. Er verzichtet auf die blaue Gesichtsmaske mit dem Logo der Deutschen Bank, die seine Mitarbeiter tragen. Er trägt eine weiße Maske. Irritierend heißt dort der Name eines ehemaligen Frankfurter Nachtclubs. Tatsächlich stammt die Maske aus einem gleichnamigen Matratzenladen. Von Rohr schwört auf diese Masken, weil „sie so schön leicht sind“.

WELT: Herr von Rohr, Ihr Investorentag findet in einer Woche statt – dem sogenannten Investor Deep Dive. Obwohl Ihre Aktionäre diesmal nicht in die Bank kommen dürfen, befinden sich die Top-Manager und einige Techniker zusammen im selben Raum – das sind mehr als 20 Personen. Haben Sie keine Angst vor Infektionen?

Karl von Rohr: Nein, alle Anwesenden werden am Vortag getestet. Außerdem ist es ein großer Konferenzbereich und natürlich wird der Mindestabstand jederzeit eingehalten. Wir hatten mehrere Veranstaltungen dieser Größe und unser umfangreiches Hygienekonzept hat bisher immer gut funktioniert.

Karl von Rohr, 55, ist seit 2015 Mitglied des Vorstands der Deutschen Bank und seit April 2018 deren stellvertretender Leiter

Quelle: Bildallianz / dpa / Deutsche Bank

WELT: Die Tests sind für Sie eigentlich überflüssig. Du hattest schon Corona.

Von Rohr: Ja, ich war im März an Covid-19 erkrankt – und ich habe immer noch eine gute Anzahl von Antikörpern. Trotzdem werde ich auch immer wieder getestet – besonders vor Veranstaltungen wie unserem Investorentag.

WELT: Was werden Sie am kommenden Mittwoch den Anlegern sagen? Deutsche Bank über den Berg?

Von Rohr: Ja das ist sie In den letzten fünf Jahren haben wir Risiken reduziert, unser Kapitalpolster gestärkt, heute haben wir deutlich mehr Liquidität – und sind profitabel. Und: Die Deutsche Bank hat endlich keine negativen Schlagzeilen mehr. Sie müssen sich in den ersten zehn Minuten eines Gesprächs nicht mehr für vergangene Fehler rechtfertigen. Deshalb sind auch unsere Mitarbeiter deutlich zufriedener. Das ist uns sehr wichtig. Schließlich mussten Sie in den letzten Jahren viel durchmachen.

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WELT: Dann können Sie zuerst einen Gang runter schalten.

Von Rohr: Wir wären schlechte Führer, wenn wir das tun würden. Wir haben uns mit unserer Strategie im Juli 2019 ehrgeizige Ziele gesetzt und arbeiten sehr konzentriert und konzentriert auf deren Umsetzung. Corona macht es in einigen Bereichen schwieriger, aber anderswo bekommen wir Rückenwind. Ich bin daher zuversichtlich, dass wir als Bank unsere Ziele erreichen werden.

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Von Rohr: Nein, es war richtig, sich auf das zu konzentrieren, was wir wirklich gut können. Wir haben zu viele Optionen zu lange offen gehalten und gezögert, uns von Bereichen zu trennen, in denen wir nicht im Vordergrund standen. Das hat die Bank viel Geld gekostet.

WELT: Sie haben unter anderem geplant, bis Ende 2022 18.000 Stellen abzubauen. Insbesondere im Privatkundengeschäft sollen Kürzungen vorgenommen werden. Wie weit bist du hier

Von Rohr: Wir verhandeln mit Arbeitnehmervertretern in verschiedenen Bereichen und machen gute Fortschritte. So konnten wir uns vor einigen Tagen darauf einigen, 37 Prozent der Arbeitsplätze in unserer Privatkundenzentrale in Frankfurt und Bonn abzubauen. Weitere Schritte folgen in anderen Bereichen des Privatkundengeschäfts. Darüber hinaus haben wir kürzlich eine Vereinbarung zum Verkauf von Postbank Systems an Tata getroffen. Dies wird die Anzahl der Arbeitsplätze in unserer Bank um rund 1.500 reduzieren.

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WELT: Wie fühlst du dich darüber?

Von Rohr: Es ist eine schwierige Situation für uns alle. Niemand im Management klopft sich auf den Rücken, weil wir erfolgreich Stellen abbauen. Leider ist es dringend erforderlich, um nachhaltig profitabel zu werden.

WELT: Sie verwenden auch den Rotstift mit den Zweigen. Wie viele wirst du schließen?

Von Rohr: Wie bereits angekündigt, werden wir rund 100 Filialen der Deutschen Bank schließen. Darüber hinaus wollen wir in den nächsten zwei Jahren jeweils rund 50 Postbank-Standorte aufgeben. Insgesamt wird unser Filialnetz in Deutschland bis Ende 2022 um weitere 200 Filialen schrumpfen.

WELT: Wird es dann vorbei sein oder wird es in ein paar Jahren kaum noch Filialen geben?

Von Rohr: Wir haben früher als viele unserer Wettbewerber begonnen, unser Filialnetz an das veränderte Kundenverhalten anzupassen. Die Koronakrise hat einmal mehr gezeigt, dass Beratung nicht nur in der Branche, sondern auch telefonisch oder digital erfolgen kann. Trotzdem werden wir in Zukunft für unsere Kunden mit Niederlassungen in ganz Deutschland leicht zu erreichen sein. In Zukunft sind neben den klassischen Filialen auch reine Beratungsstandorte denkbar, die nicht so zentral gelegen sein müssen.

WELT: Ist es auch denkbar, Filialen der Postbank und der Deutschen Bank langfristig zusammenzulegen?

Von Rohr: Nein. Wir halten an unserer Zwei-Marken-Strategie fest, weil wir eine sehr differenzierte Markenpositionierung haben. Die beiden Marken werden jedoch in Zukunft noch enger zusammenarbeiten. Sobald dies technisch machbar ist, sollten für beide Kundengruppen an jedem Schalter alltägliche Finanztransaktionen möglich sein. Während der Konsultation ist es jedoch immer noch sinnvoll, sich zu trennen.

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Von Rohr: Für das Privatkundengeschäft ist dies zweifellos eine Digitalisierung. Neben der Digitalisierung aller unserer Schlusslinien ist uns unsere Deutsche Bank Mobile App besonders wichtig. Wir sind sehr stolz darauf, dass sich unsere Kunden dort 30 Millionen Mal im Monat anmelden. Diese digitale Stärke wollen wir weiter ausbauen. Bis heute ergänzen 13 Produkte und 23 neue Services das Leistungsspektrum der App. Dies beinhaltet eine CO2– Indikator, der die Ausgaben eines Kunden verwendet, z. B. für Haushalt, Verbrauch oder Auftanken, um seinen persönlichen CO zu bestimmen2-Berechnen Sie den Footprint.

WELT: Und wie ökologisch ist Ihr persönlicher Fußabdruck?

Von Rohr: Da der CO2Der Indikator beginnt erst heute, daher hatte ich keine Gelegenheit, ihn berechnen zu lassen. Tatsächlich ist mir das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig. Und unsere Kunden auch. Mit Hilfe der Digitalisierung können wir nun Ökonomie und Ökologie auf sinnvolle Weise kombinieren und in einer weiteren Expansionsphase der App unseren Kunden Vorschläge machen, wie sie ihr Portfolio nachhaltiger gestalten und fossile Brennstoffsysteme reduzieren können.

WELT: Und nebenbei verdienen. Man hat den Eindruck, dass man die Corona-Krise gar nicht bemerkt.

Von Rohr: Natürlich bemerken wir sie in unserem Geschäft. Zum Beispiel haben wir unsere Risikovorsorge im Kreditgeschäft aufgrund der Situation sowohl bei der Privatkundenbank als auch auf breiter Front erhöht. Wir sind jedoch im Vergleich zu unseren internationalen Wettbewerbern deutlich besser aufgestellt, weil wir viel haben Kredite in Europa und vor allem in Deutschland. Die Bundesrepublik ist eine der stabilsten Volkswirtschaften der Welt. Hier haben wir die Hälfte unseres Kreditvolumens. 35 Prozent sind mit Hypotheken gesichert HypothekarkrediteNur sechs Prozent sind Konsumentenkredite. Einige unserer europäischen und US-amerikanischen Wettbewerber haben einen viel höheren Anteil an Verbraucherkrediten.

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WELT: Wie schützen Sie sich vor Ausfällen?

Von Rohr: Bei Bedarf haben wir sehr konsequent Rückstellungen in der Bank gebildet. Vor allem aber profitieren wir jetzt davon, dass wir auch in guten Zeiten mit Kreditrisiken diszipliniert geblieben sind. Die Deutsche Bank hat dies bereits in der Vergangenheit erkannt, so dass wir auch während der Finanzkrise nur wenige Probleme mit notleidenden Krediten hatten. Grundsätzlich haben wir einen sehr stabilen Kundenstamm – und ein sehr gutes Risikomanagement.

WELT: Wo genau treffen Sie Vorkehrungen?

Von Rohr: Natürlich beobachten wir die Unternehmenskredite in den von der Pandemie besonders stark betroffenen Branchen sehr genau. Im Geschäft mit Technologieunternehmen hingegen sind wir in der Regel etwas entspannter. Bei Konsumentenkrediten haben wir unsere Standards etwas weiter verschärft. Wir sind optimistisch in Bezug auf Hypothekarkredite, die angesichts der niedrigen Zinssätze immer noch sehr gefragt sind.

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WELT: Wie viele Ihrer Kunden haben die Bedienung ihres Kredits aufgrund der Corona-Krise verschoben?

Von Rohr: Derzeit nutzen noch rund 3.500 Personen diese Option. Im Frühjahr waren es jetzt 70.000. Wir sehen also eine gute Entwicklung.

WELT: Die Situation hat sich kaum entspannt – wir befinden uns jetzt in der zweiten Welle der Krise.

Von Rohr: Das ist richtig. Dennoch ist die Zahl der Fälle, in denen Unternehmer oder Selbstständige von der Koronakrise bedroht sind, geringer als ursprünglich befürchtet.

WELT: Dies ist hauptsächlich auf die großzügige staatliche Hilfe zurückzuführen.

Von Rohr: Und die Kreativität von Unternehmern wie Gastronomen. Sie wurden von der Corona-Krise schwer getroffen. Trotzdem machen sie noch einige Verkäufe mit dem Liefer- und Abholgeschäft. Auf lange Sicht reicht das natürlich nicht aus. Aber in Kombination mit staatlichen Beihilfen werden es viele hoffentlich doch schaffen.

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WELT: Mach weiter? An einigen Stellen sind die Programme so großzügig, dass Unternehmen sogar von der Krise profitieren.

Von Rohr: Das Versorgungsprogramm ist umfassend und hilft, Insolvenzen zu vermeiden. Ich denke, es ist richtig, dass die Regierung Unternehmen derzeit so sehr unterstützt. Solange wir keinen Impfstoff haben und die Pandemie mit Sperrmaßnahmen eindämmen müssen, gibt es kaum Alternativen. Ich denke nicht, dass die Maßnahmen übertrieben sind. Die Tatsache, dass im Einzelfall Übertreibungen auftreten können, kann nicht vermieden werden.

WELT: Zu großzügige Hilfe schützt auch Unternehmen, die nicht mehr lebensfähig sind, sogenannte Zombifizierung droht. Eine Krise kann immer eine Chance für Innovation sein.

Von Rohr: Unternehmen gehen in Konkurs, und diese Zahl wird im nächsten Jahr weiter steigen. Es gibt auch eine Konsolidierung: Viele Unternehmen fusionieren mit anderen. Es ist jedoch auch richtig, dass Geschäftsmodelle, die noch vor der Krise keine Zukunft hatten, nicht unnötig durch die Hilfskredite erweitert werden sollten. Wenn es Anzeichen dafür gibt, dass ein Geschäftsmodell nicht nachhaltig ist, vermeiden wir die Gewährung von Hilfskrediten – auch wenn diese vom Staat garantiert werden.

WELT: Was ist jetzt zu tun?

Von Rohr: Jetzt, da klar wird, dass wir nächstes Jahr mit der Impfung beginnen können, müssen wir darüber sprechen, wie wir die vielen sehr teuren Hilfsprogramme reduzieren können. Es erfordert eine sehr bewusste Anstrengung. Es besteht die Gefahr, dass die Hilfe ansonsten fortgesetzt wird. Dies würde nicht nur die Staatskasse enorm belasten, sondern auch die langfristige Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft beeinträchtigen.

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