bne IntelliNews - MITTELEUROPEAN INSIGHTS: EU und Österreich - Wie stehen Sie zu Sanktionen gegen Weißrussland?

bne IntelliNews – MITTELEUROPEAN INSIGHTS: EU und Österreich – Wie stehen Sie zu Sanktionen gegen Weißrussland?

Letztlich stimmte die EU umfassenden Wirtschaftssanktionen gegen Weißrussland zu. Die sektoralen EU-Sanktionen sollen am 24./25. Juni bekannt gegeben und von der EU voraussichtlich angenommen werden. Sie würden Sanktionen gegen Kali- und Mineralbrennstoffexporte sowie den Finanzsektor umfassen. Zu den Sanktionen gegen den Finanzsektor werden voraussichtlich ein Verbot neuer Kreditvergaben, ein Verbot des Kaufs von (Staats-)Anleihen für EU-Investoren auf dem Primärmarkt und ein Verbot der Erbringung von Bankdienstleistungen durch EU-Banken gehören. Auch EU-Exportkredite werden betroffen sein. Die Sanktionen im Aftermarket sind offenbar nicht Bestandteil des Sanktionspakets, allerdings gibt es hierzu noch keine Bestätigung. In diesem Zusammenhang wollen auch internationale und europäische Finanzinstitute ihre Aktivitäten in Weißrussland hinterfragen und einstellen. Gleiches gilt für staatliche und staatsnahe Exportfinanzierungen und Kreditauskunfteien.

Insgesamt zielen sektorale Sanktionen darauf ab, Schlüsselindustrien, aber auch wichtige unterstützende Wirtschaftssektoren zu treffen. Damit werden auch die finanziellen Reichweiten des Staates und der Staatswirtschaft eingeschränkt. Offenbar geht es darum, für Weißrussland, das traditionell durch eine sehr schwache Außenfinanzierungsposition gekennzeichnet ist, Schlüsselbereiche der Exporterlöse zu erreichen. Die Reservedeckungsrate beträgt 2-3 Monate! Dieser Schritt war alternativlos und für die EU äußerst wichtig. Sie sucht nach internationaler und geopolitischer Relevanz, das heißt, Ordnung und Krisenmanagement vor die Haustür zu holen. Interessant ist auch, dass es der EU diesmal gelungen ist, eine führende internationale Rolle zu spielen; die Vereinigten Staaten zum Beispiel werden wahrscheinlich mit ähnlichen Sanktionen nachziehen.

In einigen Sektoren ist es der EU jedoch offenbar noch nicht gelungen, Sanktionen zu verhängen, wie etwa im belarussischen Holzsektor. Gerade im letzteren Fall hätte die Lobbyarbeit Polens, Lettlands und Litauens eine Rolle gespielt. Zudem soll der ohnehin angespannte Holzmarkt endlich vor weiteren Knappheiten geschützt werden. Auch im Finanzsektor wurden auf EU-Ebene einige vernünftige Ausnahmen gewährt, beispielsweise bei finanziellen Engagements für humanitäre Zwecke, Exportfinanzierungen oder Engagements für regulatorische Zwecke. Also auch eine Portion Pragmatismus. Insgesamt sieht dies nach einer Politik der harten Strafen aus, aber auch mit Augenmaß und der Abwägung persönlicher Interessen.

READ  Die EZB garantierte einen Wirtschaftseinbruch und erwarb dystopische politische Macht

Umfangreichere Sanktionen wären sicherlich möglich gewesen. Neben populistischen Forderungen müssen wir aber auch die Politik der Sanktionsregime und das wirtschaftliche Interesse berücksichtigen. Derzeit scheint es sich nicht um die letzte Sanktionsrunde gegen Weißrussland zu handeln. In diesem Zusammenhang kann es ratsam sein, einige in Reserve zu halten. Darüber hinaus ist es selbstverständlich, dass bei groß angelegten Wirtschaftssanktionen auch Eigeninteressen berücksichtigt werden müssen. Hier kann Europa sich vom Buch des „Sanktionsweltmeisters“ USA inspirieren lassen. Und es kann daher sinnvoll sein, bei strengeren Sanktionsregimen gewisse Ausnahmen und begründete Übergangsbestimmungen zu tolerieren. Zu beachten ist auch, dass Sanktionsregime sehr lange andauern können. Denken Sie daran, dass bereits seit sieben Jahren weit verbreitete Sanktionen gegen Russland in Kraft sind. Ausschlaggebend ist daher nicht die Geschwindigkeit, mit der sehr strenge Sanktionen verhängt werden, sondern dass eine lange Dauer berücksichtigt wird, ein gewisser Spielraum für Verschärfungen gelassen wird und dennoch gewisse marktorientierte Anpassungsprozesse zugelassen werden. Darüber hinaus kann eine schrittweise Verschärfung möglicherweise zu weniger harten oder irrationalen Gegenmaßnahmen führen.

Österreich geriet unter besonderes diplomatisches und mediales Beschuss, was an sich nicht überraschend war. Schließlich ist Österreich der größte EU-Investor in die Realwirtschaft in Weißrussland. Außerdem waren uns auf EU-Ebene natürlich nicht alle Netzwerke und Ausstellungen auf Anhieb bekannt. Dass die EU gewisse Eigeninteressen im Banken- und Finanzsektor hat, war offenbar lange nicht auf dem Radar. Schließlich ist die Filiale der österreichischen Raiffeisen Bank International (Priorbank) eine der größten Universalbanken des Landes. Und mit tiefen lokalen Wurzeln auch im Bankensektor Es ist nicht so trivial und einfach, die Belichtungen schnell und drastisch anzupassen. Als lokal regulierte Universalbank muss sie natürlich aus regulatorischen Gründen Staatspapiere halten und hat viele lokale Kunden. Priorbank hat rund 800.000! In diesen Dimensionen gibt es keine Wunderlösung, die im „Bankenkoffer“ außerhalb der großen Finanzplätze und ohne tiefe lokale Verankerung einfacher geht. Insbesondere im Finanzsektor sind die Übergangsregelungen relevant, da hier zum Teil langfristige Verpflichtungen auf dem Spiel stehen, während die hohe Regulierungsdichte im Banken- und Finanzsektor eine gute Überwachung der Einhaltung von Sanktionen ermöglicht.

READ  Deutsche Post: Die Gruppe plant, den Impfstoff Covid 19 weltweit zu vertreiben

Abgesehen von der öffentlichen Debatte, die manchmal von Vertretern der Oppositionsbewegung harsch geführt wird, dürfen wir nicht vergessen, dass selbst die Oppositionsbewegung kein Interesse daran hat, dass ausländische Investoren aus Westeuropa ihre Zelte in Weißrussland komplett abbauen. Dies würde eine noch tiefere wirtschaftliche Integration mit Russland fördern, und ein möglicher wirtschaftlicher Übergang zu einem bestimmten Zeitpunkt wäre wahrscheinlich noch schwieriger und ungewisser.

Die Risiken für die makroökonomische Stabilität in Belarus haben mit dem jüngsten Informationsfluss über Sanktionen zugenommen. Eine wirtschaftliche Anpassung mit einer schwächeren Währung und einer geringeren Wirtschaftsleistung könnte in Zukunft erforderlich sein (obwohl auch die Importe sinken würden, was einige Exportverluste ausgleicht). Möglicherweise ist zusätzliche russische finanzielle Unterstützung erforderlich. Eine solche Unterstützung kann jedoch langwierige Verhandlungen erfordern, kann langsam erfolgen oder mit Bedingungen verbunden sein, die (zunächst) als inakzeptabel angesehen werden. Insgesamt ist es politisch sinnvoll, dass die EU unter Wahrung ihrer eigenen Interessen harte Sanktionen gegen Weißrussland verhängt und die wirtschaftliche Lage verschlechtert. Mit einer solchen Entscheidung wird es für Russland und Präsident Putin immer schwieriger unter Wahrung der Interessen Moskaus klammert sich an Lukaschenko.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert