Gebrochene Krypto-Handys: BKA verhaftet große Kokainhändler

Gebrochene Krypto-Handys: BKA verhaftet große Kokainhändler

Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) ergreifen mit einem Großangriff Maßnahmen gegen das organisierte Verbrechen in Norddeutschland. Am Morgen suchten die Ermittler im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hamburg Häuser und Büros der Verdächtigen in Bremen, Schleswig-Holstein und Hamburg. Mehrere Männer wurden wegen des Verdachts des Drogenhandels festgenommen.

Nach Angaben von SPIEGEL richtet sich das Verfahren gegen ein kriminelles Netzwerk, das für den Import von Tonnen Kokain durch den Hamburger Hafen verantwortlich sein soll. Die von Kurden dominierte Gruppe sollte unter anderem Kontakte zu Mitgliedern der Familie D. aus Bremen pflegen, was dem berüchtigten Miri-Clan zugeschrieben wird.

„WhatsApp für Gangster“

Nach SPIEGEL-Informationen sind die seit langem verdeckten Ermittlungen der BKA mit dem internen Codenamen „Festspiele“ das wichtigste Verfahren einer Spezialeinheit der Abteilung für schwere und organisierte Kriminalität. Seit Monaten werten Beamte der BKA-Zentrale in Wiesbaden einen riesigen Datensatz aus. Es sind Millionen Chat-Nachrichten von einem Encrochat-Server.

Viele Jahre lang bot das obskure Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden die Unterwelt-Verschlüsselungssoftware an, in die die Ermittler nicht eindringen konnten. Das Unternehmen verkaufte speziell vorbereitete Handys, die mit einem verschlüsselten Chat-Programm ausgestattet waren, zum Stückpreis von mehreren tausend Euro. Kriminalisten bezeichneten den inzwischen eingestellten Dienst als „WhatsApp für Gangster“. Das Unternehmen hatte europaweit rund 60.000 Kunden.

Folterkammern und Kokain

Im Frühjahr gelang es den französischen Behörden, einen Enchrochat-Server zu infiltrieren. Beamte eines internationalen Ermittlerteams konnten dann einige Monate lang den geheimen Chat-Verkehr von Zehntausenden von Kriminellen lesen. Im Juli fanden in mehreren EU-Ländern die größten Razzien gegen das organisierte Verbrechen in der jüngeren Geschichte statt.

Allein in England verhafteten die Behörden fast 750 Menschen und beschlagnahmten Tonnen von Drogen. Folterkammern machten auch Schlagzeilendie unter anderem mit Zahnarztstühlen ausgestattet und in den Niederlanden entdeckt wurden. Kriminelle wollten offenbar ihre Rivalen in den umgebauten Seecontainern foltern. Die Ermittler erfuhren erst aus der Encrochat-Kommunikation der Verdächtigen, dass solche Einrichtungen vorhanden waren.

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Hunderte neuer Verfahren

Vor einigen Monaten erhielt die BKA auch Zugang zu den Encrochat-Nachrichten. Nach Angaben der Polizei ist die Datenmenge so groß, dass die deutschen Behörden in den kommenden Jahren damit beschäftigt sein werden, die Informationen und die anschließende Strafverfolgung auszuwerten. Die BKA teilte die Daten mit mehreren Staatspolizisten. „Die Täter fühlten sich in den Chats vollkommen geschützt und sprachen sehr offen über ihr Geschäft, oft einschließlich Fotos“, sagt ein erfahrener Beamter. In den bereits chronisch unterbesetzten Abteilungen für organisierte Kriminalität fehlt es an Personal, um alle möglichen Straftaten schnell zu bewältigen. „Die Kollegen in den Ländern müssen Prioritäten setzen“, sagte der Beamte.

Neben Hunderten von neuen Verfahren im ganzen Land, die auf der Grundlage der Daten eingeleitet werden müssen, hilft das Encrochat-Material laut SPIEGEL-Informationen auch bei zahlreichen älteren Ermittlungsverfahren. „Zum ersten Mal können wir die Menschen hinter uns erreichen“, sagt ein Polizist. „Das Material ist ein Segen – und aufgrund seiner Größe auch ein Fluch“, sagte der Beamte.

Ikone: Der Spiegel

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