Zulassungsverfahren in der EU: ein Impfstoff unter dem Weihnachtsbaum?

Zulassungsverfahren in der EU: ein Impfstoff unter dem Weihnachtsbaum?

Ab heute könnte die EU dem Beginn der Impfung einen Schritt näher kommen: Die Arzneimittelbehörde EMA gibt ihre Stellungnahme zum Impfstoff von Biontech / Pfizer ab. Was kommt danach?

Von Alexander Göbel, ARD-Studio Brüssel

Mit den ersten Impfungen zu Weihnachten wird es in der EU nicht ganz funktionieren – aber es sollte sofort danach beginnen. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und der Fahrplan ist klar: Heute präsentiert die EU-Arzneimittel-Agentur (EMA) in Amsterdam ihre Bewertung des Impfstoffs von Biontech und seinem US-Partner Pfizer.

Es wird erwartet, dass sie grünes Licht gibt und den neuartigen Biontech-Wirkstoff BNT162b2 empfiehlt. Die endgültige Entscheidung liegt dann bei der EU-Kommission. Wenn sie zustimmt, ist der Impfstoff EU-weit offiziell zugelassen. Nur die Schweiz wäre der EU vorausgegangen – andere Länder wie die USA oder Großbritannien haben Notfallgenehmigungen erhalten.

Es ist nicht zu erwarten, dass die EU-Kommission letztendlich gegen eine solche bedingte Genehmigung stimmen könnte, da sie normalerweise auf den Empfehlungen der Arzneimittel-Agentur basiert. Der Weg für den Impfstoff würde wahrscheinlich spätestens zu Weihnachten, dh am Mittwoch oder Donnerstag, frei sein.

Sonderschicht bei Biontech

Dann kann Biontech die bereits hergestellten Impfdosen an die Mitgliedstaaten verteilen. Die EU-Impfstrategie bietet einen Schlüssel, der sich nach der Bevölkerungsgröße richtet. Die nationalen Impfkampagnen sollen am 27. Dezember beginnen. Laut CEO Ugur Sahin wird Biontech auch zu Weihnachten arbeiten, „damit der Impfstoff wirklich in jedem Land ankommen kann“. Aber auch dann geht es wieder um Sicherheit: In Deutschland beispielsweise testet das Paul-Ehrlich-Institut alle zugelassenen Chargen, bevor sie geimpft werden.

Die EU wollte bewusst keine Notfallgenehmigung. Dies hätte den Prozess beschleunigt – aber Brüssel argumentierte mit Gemeinsamkeiten, der bestmöglichen Qualität und Verträglichkeit auf einer breiten Basis von Daten, dem Vertrauen in den Impfstoff und Haftungsfragen. Denn bei Notfallgenehmigungen haftet der jeweilige Staat bei Problemen; Im Falle einer solchen bedingten Marktzulassung liegt diese Haftung beim Hersteller.

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Hat die EU zu wenig Impfstoff bestellt?

Der Vorwurf des „Spiegels“, die EU habe zu wenig Impfstoff bestellt, wird als billig und fahrlässig zurückgewiesen. Der Grund: Bis vor wenigen Wochen konnte niemand wissen, welcher Impfstoff am besten wirkte, welcher besonders wirksam war und welcher hinsichtlich der Zulassung die Nase vorn hatte. Dies ist einer der Gründe, warum sich die EU von Anfang an zum Ziel gesetzt hat, Impfstoffe für alle 27 Mitgliedstaaten zu organisieren. Dies ging Hand in Hand mit der Absicht, sich nicht nur auf einen Impfstoff zu verlassen. Aus diesem Grund hat die EU-Kommission sechs Verträge mit verschiedenen Herstellern für verschiedene Arten von Impfstoffen unterzeichnet – ein siebter könnte bald unterzeichnet werden. Die EU hat bereits zwei Milliarden Impfstoffdosen erhalten.

Der Impfstoff von Biontech / Pfizer könnte nun als erster zugelassen und geimpft werden. Bei der Lagerung ist er jedoch sehr anspruchsvoll: Er muss stark gekühlt werden, was ihn erheblich teurer macht als die „klassischen“ Impfstoffe. Biontech, CureVac und auch das US-Unternehmen Moderna verwenden eine neue Methode – die mRNA-Technologie. Es sind keine Krankheitserreger oder deren Bestandteile erforderlich. Vielmehr erhalten einige Zellen im Körper Teile der genetischen Information des Virus als RNA mit dem Impfstoff – die Blaupause für einzelne Virusproteine, die auch als Antigene bekannt sind, wird geliefert. Diese aktivieren dann das Immunsystem und sollen die schützende Immunantwort erzeugen.

Großaufträge von Moderna und CureVac

In Brüssel war daher von Anfang an klar, dass sich insbesondere osteuropäische EU-Länder zunächst auf einen konventionellen und damit billigeren Impfstoff verlassen würden – zum Beispiel von Astra Zeneca, dessen Zulassung einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Um jedoch auch die Interessen dieser Länder im Auge zu behalten, musste die EU-Kommission ihre Impfstoffkäufe „streuen“ – ohne wissen zu können, welcher Impfstoff wie schnell zugelassen werden würde.

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Darüber hinaus betont der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Dr. Peter Liese (CDU), dass der „Spiegel“ in seiner Kritik an der EU-Strategie für den Kauf von Impfstoffen wichtige Fakten ausgelassen habe. Die Union bestellte dreimal so viel pro Kopf des im Januar erwarteten Moderna-Impfstoffs wie Großbritannien, sagte Liese ARD Studio Brüssel. Über 400 Millionen Impfstoffdosen wurden EU-weit über den ebenso innovativen Impfstoff des in Tübingen ansässigen Herstellers CureVac bestellt.

Kein schnelles Ende der Pandemie in Sicht

Selbst wenn der Impfstoff zugelassen ist, ist das Ende der Pandemie nicht in Sicht – zumindest nicht so bald. Um die Pandemie zu stoppen, müssten zwischen 60 und 70 Prozent der Bevölkerung geimpft werden, in Deutschland wären das bis zu 58 Millionen Menschen. Je nachdem, welcher Impfstoff verwendet wird, benötigen Sie zwei Stiche für einen vollständigen Impfschutz. Dies ist beispielsweise beim Impfstoff der deutschen Firma Biontech der Fall.

Die Impfungen werden sowieso Monate dauern. Dies ist zum einen auf die logistische Herausforderung zurückzuführen. Andererseits sind derzeit weltweit nicht genügend Impfstoffdosen verfügbar, so dass dies für die in den nationalen Impfplänen festgelegten Risikogruppen nicht einmal ausreicht. Es sollte also noch ein langer Weg sein, bis Corona besiegt ist. Wie weit hängt davon ab, wie schnell zugelassene Impfstoffe in ausreichenden Mengen verfügbar sind. Und: ob und wann andere Hoffnungsträger zugelassen und verteilt werden können.

Der Europaabgeordnete und Gesundheitsexperte Liese ist optimistisch, dass Risikogruppen und medizinisches Personal bis Ende März 2021 EU-weit geimpft werden können. „Dadurch wird die Pandemie schnell ihren Schrecken verlieren“, hofft er. Er setzt darauf, dass ab April oder Mai zumindest ein „normaleres Leben“ möglich sein wird. Es ist jedoch wichtig, Personen, die nicht zur Risikogruppe gehören, schnell zu impfen. Ob dies bis Herbst 2021 geschehen könnte, kann heute nicht vorhergesagt werden. „Wir müssen geduldig sein, aber am Ende des Tunnels ist definitiv Licht.“

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